Forschungsgruppe Forensische Medizin und Bildgebung
Von der Bestimmung des Todeszeitpunkts bis zur Früherkennung von chronischen neurologischen Erkrankungen: Unsere aktuellen Forschungsprojekte nutzen modernste Bildgebung und KI, um offene Fragen der Rechtsmedizin zu beantworten und die klinische Medizin durch postmortale Untersuchungen zu unterstützen. Dabei entstehen innovative Lösungen wie eine mobile App für Untersuchungen am Fundort oder neue Verfahren zur besseren Sichtbarmachung von Verletzungsspuren.
Die Forschungsgruppe Forensische Medizin und Bildgebung untersucht und entwickelt den Einsatz von bildgebenden und rechnergestützten Technologien für die rechtsmedizinische Routine. Im Fokus stehen insbesondere forensische Anwendungen von Computertomografie (CT) und Magnetresonanz-Bildgebung (MRI), aber auch Infrarotfotografie, biomechanische Modellierung und künstliche Intelligenz.
Unsere Forschungsgruppe vereint Forschende aus den Bereichen Medizin, Physik, Medizintechnik, Informatik und Biomedizinische Technik. Wir verstehen uns als Brücke zwischen den täglichen Aufgaben in der Rechtsmedizin und der Grundlagenforschung in der Biomedizintechnik. In enger Zusammenarbeit mit den rechtsmedizinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten entwickeln wir neue Verfahren, die Kenntnisse und Methoden aus beiden Welten kombinieren.
Temperaturabhängigkeit von postmortalen NODDI Parametern
Andrea Zirn, Melanie Bauer, Celine Berger, Eva Scheurer, Stefan Ropele, Claudia Lenz
NODDI (Neurite Orientation Dispersion Imaging) ist ein Verfahren der diffusionsgewichteten MRI-Bildgebung, welches durch die Quantifizierung von verschiedenen Parametern Einblicke in die Mikrostruktur des Gehirns ermöglicht. Während NODDI bei Lebenden schon länger angewandt wird, ist dessen Anwendung bei Verstorbenen noch begrenzt. In dieser Studie wurde die Temperaturempfindlichkeit der NODDI-Parameter bei vierzehn verstorbenen Personen untersucht, um die Genauigkeit der postmortalen Bildgebung zu verbessern.
Mit einem hochauflösenden MRI-System (3T) wurden diffusionsgewichtete Sequenzen gemessen. Die Bildverarbeitung umfasste eine automatische Gewebesegmentierung von weisser Substanz, Kortex und tiefer grauer Substanz. Mittels linearer Regressionsanalyse wurde die Beziehung zwischen der Stirntemperatur und den NODDI-Parametern untersucht. Im Vergleich zu lebenden Probanden wiesen die postmortalen NODDI-Resultate deutliche Veränderungen auf. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit der Einbeziehung von Temperaturkorrekturen in postmortale NODDI-Bewertungen, um genaue Vergleiche zwischen einzelnen Personen zu ermöglichen.
MRI Biomarker für Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
Dominique Neuhaus, Maria Janina Wendebourg, Nikolaus Deigendesch, Celine Berger, Melanie Bauer, Tanja Haas, Eva Scheurer, Regina Schlaeger, Claudia Lenz
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine chronische neurologische Erkrankung, bei der die Muskeln immer schwächer werden und die letztlich zum Atemversagen führt. In dieser Studie wollten wir neue Marker finden, die mithilfe von MRI-Aufnahmen frühzeitig auf ALS hinweisen können.
Da MRI-Untersuchungen bei fortgeschrittener ALS kaum durchführbar sind, haben wir die Gehirne verstorbener ALS-Patienten untersucht, um das Endstadium der Erkrankung besser zu verstehen. Verschiedene MRI-Parameter wurden gemessen und mit einer Kontrollgruppe verglichen. Ausserdem wurde eine Software entwickelt, mit der histologische Gewebeproben automatisch ausgewertet werden können. Auf diese Weise lassen sich die MRI-Ergebnisse validieren.
Unsere ersten Resultate zeigen mögliche Unterschiede in mehreren Gehirnregionen. Diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt, um neue Ansätze zur Diagnostik und Therapie zu entwickeln und den Krankheitsverlauf von ALS besser zu verstehen.
Vergleich von Tageslicht- und Infrarotfotografie zur Darstellung postmortaler Hämatome


Joel Bottoni, Thomas Rost, Holger Wittig, Melanie Bauer, Eva Scheurer, Claudia Lenz
Zuverlässige Methoden, um Hämatome darzustellen, ihr Alter einzuschätzen und Hämatome von anderen Morphologien zu unterscheiden, sind für die Rechtsmedizin zentral. Die Fotografie ist etabliert und stellt in der rechtsmedizinischen Routine einen wichtigen Bestandteil zur Dokumentation von Befunden bei klinisch-forensischen Untersuchungen, Legalinspektionen und Obduktionen dar. Die IR-Fotografie kann Bereiche in und unter der Haut darstellen, die der Tageslichtfotografie nicht zugänglich sind. Ziel dieser Studie war die Untersuchung, ob Infrarotfotografie einen Mehrwert bietet zur nicht-invasiven zuverlässigen Visualisierung von Hämatomen.
In dieser Studie wurden 43 Hämatome bei Verstorbenen sowohl mit normalem Tageslicht als auch im Infrarot-Bereich (IR) fotografiert. Anschliessend wurden die Aufnahmen ausgewertet und Formalin-fixierte Gewebeproben der Hämatome untersucht, um die Dichte der Hämatome zu bestimmen.
Alle 43 Hämatome waren auf den IR-Fotos klar zu erkennen, während sie in fast der Hälfte der Tageslichtaufnahmen nur schwach sichtbar waren. Zudem zeigte sich eine deutliche Übereinstimmung zwischen den IR-Messwerten und der gemessenen Hämatomdichte. Die Resultate zeigen somit nicht nur, dass Infrarotfotografie eine äusserst verlässliche Methode zur Sichtbarmachung von Hämatomen ist, sondern auch deutliche Vorteile gegenüber der herkömmlichen Tageslichtfotografie bietet.